All-day screening program in the video lounge of the Inter Media Art Institute
Marina Gržinić (Wien, AUS / Ljubljana, SVN)
Der Vortrag spürt wichtige visuelle Arbeiten und Videomaterial auf, um den experimentellen und politischen Einfluss von Videos im sozialistischen Jugoslawien der 1980er- Jahre zu beleuchten. Etwa zur selben Zeit entwickelte sich eine besondere Bewegung, die sich die Subkultur von Ljubljana oder die alternative Bewegung nannte und eng mit der Punk-Bewegung sowie mit Parallelgruppen wie der Musikgruppe Laibach zusammenarbeitete.
Dabei muss beachtet werden, dass die Subkultur oder die alternative Bewegung von Ljubljana keine sozialistische Gegenbewegung war wie andere ehemals osteuropäische Bewegungen der 1970er-Jahre, sondern eine urbane Bewegung, die dem Punk und dem Rock 'n' Roll sowie der LGBT-Szene nahestand. Die Subkultur oder die alternative Bewegung von Ljubljana in den 1980ern verwendet ebenfalls Video, Fotokopierer und Polaroid – alles Technologien, die schnell und einfach zu reproduzieren waren. Dies war ein einzigartiges Phänomen im gesamten Ostblock, da diese Technologien überall, außer im ehemaligen Jugoslawien, verboten und mit gesetzlichen Regelungen versehen waren. Video war nicht nur ein benjaminisches Medium, sondern auch ein soziales und politisches Werkzeug, das häufig dazu genutzt wurde, um einer nicht-heteronormativen Sexualität ganz offen Ausdruck zu verleihen. In den 1980ern entstand daraus eine Übersexualisierung des Mediums Video. Dieser Prozess fand mit der Externalisierung von Sexualität statt, die aus der Tradition des Undergroundfilms übernommen worden war. Dies alles existierte im Sozialismus als anarchistische und politische Geste.
Dieser Vortrag widmet sich auch der Rezeption dieser Arbeiten im Sozialismus und der Frage, wie diese Geschichte heute mittels der Geschichte der experimentellen Filmproduktion und der Undergroundfilmproduktion jener Zeit im „ehemaligen“ Westen reflektiert werden kann.
Marina Gržinić und Aina Šmid, in: The Borders of Control no. 4, Icons of Glamour, Echoes of Death, 1982, Videostill. © Marina Gržinić und Aina Šmid.
Chair: Dirk Matejovski (Düsseldorf, GER)
Maria Katharina Wiedlack (Wien, AUS)
Am Beispiel einzelner Bands und deren Songs wird die US-amerikanische queerfeministische Punk-Bewegung mit ihren vielfältigen politischen und sozialen Anliegen vorgestellt. Warum haben sich die Communities und Individuen Punk als musikalische und ästhetische Form ausgesucht? Was wollen sie mit ihren provokativen Liedern und ihrer lauten, aggressiven Musik erreichen? Besonders wird darauf eingegangen, wie sich gesellschaftlich marginalisierte Individuen und Gruppen, also etwa Frauen, nicht-binäre und Trans* Personen, People of Color und Schwarze Personen, aber auch Menschen mit Behinderung Punk-Musik angeeignet haben, um sich Gehör zu verschaffen und sich zu solidarischen Communities zusammenzuschließen. Auch Aspekte der Archivierung und Erinnerungskultur rund um queer-feministischen Punk sind in dem Zusammenhang relevant. Hierbei soll mit dem anwesenden Publikum diskutiert werden, wie oder ob und für wen Punk-Kultur überhaupt in Institutionen, wie etwa Universitäten oder staatlichen Archiven gesammelt und konserviert werden soll. Auch die wissenschaftliche Analyse soll dabei als Form der Archivierung und Erinnerungskultur kritisch reflektiert werden.
Marion Schulze (Basel, CH)
In der letzten Dekade ist eine enorme Zunahme von Geschichtsschreibungen und damit Archivierungsarbeiten von und zu sogenannten Subkulturen zu verzeichnen. In diesem Vortrag zieht Marion Schulze eine Verbindung zwischen diesen aktuellen Archivierungsarbeiten und konzeptuellen Darstellungen von Subkulturen (teilhabende wie auch akademische). Ihr scheint, dass diese Verbindung elementare Erklärungen dafür bereitstellt, wie und was momentan gesammelt, geordnet und (aus-)sortiert wird. Dafür wird sie in einem ersten Schritt auf zwei zentrale, oftmals verwobene Figuren eingehen, die diese Arbeiten des Aufbewahrens und Festhaltens von Dingen und Gesagtem prägen: die Figuration „Teil-eines-Ganzen“ und das Binom „Zentrum – Peripherie“. In einem zweiten Schritt und ausgehend von ihrer Forschung zum Hardcore(-punk) Design der 1980er Jahre wird sie auf die Auswirkungen dieser Darstellungen auf (Ethno-)Archive eingehen, um den Vortrag mit einer spekulativen Übung für mögliche andere Darstellungen abzuschließen.
Jennifer Ramme (Frankfurt/Oder, GER)
Der Vortrag ist den Erinnerungspraxen sowie dem feministischen und queeren Punk im (post-)sozialistischen Europa, insbesondere in Polen, gewidmet. Welche Räume besetzt queerer oder feministischer Punk, wie wird daran erinnert und wie bzw. wo wird dieses Wissen bewahrt? Ausgehend von der Frage nach der Verortung feministischen und queeren Punks im Verhältnis zur Punkszene und deren Bewegungen, aber auch zur Kunst und anderen Institutionen im Allgemeinen, wird erkundet, wie sich diese Befunde auf Erinnerungspraxen auswirken. Es wird einerseits auf das Zusammenspiel von Erinnerungskulturen und Kanonisierungsprozessen im Rahmen von Punk sowie Institutionen fokussiert und anderseits werden die feministischen und queeren Akteur*innen selbst eingebunden. Auch wenn es vereinzelt Gegenbeispiele gibt, so die hier zentrale These, bewegt sich feministischer und queerer Punk am Rande eines Randes und als Gegenkultur einer Gegenkultur in einem toten Winkel, und ist damit Dynamiken ausgesetzt, die ein Vergessen begünstigen.
Chair: Sarah Rüß (Düsseldorf, GER)
Soraya Nsingi (Düsseldorf, GER)
Der Vortrag nimmt die Entwicklung des Afropunks als Ausdrucksform in den Blick und analysiert die ideologischen, philosophischen und stylistischen Unterschiede zur etablierten Punk-Subkultur. Die Einflüsse anderer Subkategorien des Punks werden ebenfalls herausgestellt, insbesondere deren Beitrag zum genreverändernden Ethos, der den Afropunk zu dem gemacht hat, als der er heute bekannt ist.
Students of the MA program “Media Culture Analysis” present current research perspectives
Chair: Elfi Vomberg (Düsseldorf, GER)
virtual German
Bettina Flörchinger (Düsseldorf, GER), Östro 430 im Gespräch mit Kathrin Dreckmann (Düsseldorf, GER)
in conversation with Elfi Vomberg (Düsseldorf, GER)
Es ist eine prägende Geschichte, die sich in den 1960er und 1970er Jahren rund um die Ratinger Straße in Düsseldorf abspielt: Zwischen Schwarz-Weiß-Bildern, vergilbten Eintrittskarten und geknickten Flyern bilden sich hier Mythen, die sich ganze Generationen von Künstler*innen und Fans erzählen. In Carmen Knoebels legendärem Ratinger Hof fliegen Tierkadaver durch den Raum und während Joseph Beuys seine Happenings präsentiert, werden die Reste des Abendessens im Restaurant Spoerri zu ganz besonderen Kunstwerken. Diese sehr spezielle Kultur- und Mediengeschichte Düssel- dorfs ist von Legenden überwuchert und zugleich lückenhaft. Das interdisziplinäre Forschungsprojekt des Instituts für Medien- und Kulturwissenschaft der Heinrich-Heine- Universität #KultOrtDUS – die Medienkulturgeschichte Düsseldorf als urbanes Forschungsfeld hat in den vergangenen Monaten im engen Austausch mit Bürger*innen Ungesehenes zum Vorschein gebracht.
In „Talking HERstory“ steht besonders die Figur der Zeitzeugin im Fokus: Frauen berichten über ihren Blickwinkel auf Subund Gegenkulturen der Zeit. Denn auch in der Aufarbeitung städtischer Medienkulturgeschichte bekommen weibliche Stimmen häufig weniger wissenschaftliche Aufmerksamkeit als männliche. Dabei gab es sie auch in Düsseldorf zuhauf – sei es auf der Bühne, wie bei der Punkband Östro 430, oder davor, im Getümmel des Publikums.
Die Konferenz "Fringe of the Fringe - Die Privilegien der Subkultur im Gedächtnis von Institutionen" fand vom 18.-20. November 2021 im NRW-Forum Düsseldorf statt. Auf dieser Website ist das Veranstaltungsprogramm archiviert.
Organisiert von
Gefördert durch
Mit freundlicher Unterstützung von
Die Konferenz "Fringe of the Fringe - Die Privilegien der Subkultur im Gedächtnis von Institutionen" fand vom 18.-20. November 2021 im NRW-Forum Düsseldorf statt. Auf dieser Website ist das Veranstaltungsprogramm archiviert.
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